Ludger Pooth erläutert Hintergründe und Auswirkungen der derzeitigen Stromversorgung in Südafrika.
Liebe Leserinnen und Leser,
in den vergangenen Tagen haben wir oft im Garten gegrillt. Nicht weil die Sonne im südafrikanischen Sommer scheint, ebenso nicht unbedingt aus Freude am Grillfleisch. Um diese Jahreszeit pustet der Südostwind in Kapstadt. Und glühende Holzkohle entwickelt bei 25 Knoten Wind eine feurige Eigendynamik. Wir grillen, da der Herd oft kalt ist und im Froster das Fleisch taut.
Kein Strom wie erstmals 2008. Ganze Stadteile in Kapstadt nun wieder fast täglich vom Netz gekappt. Übrigens in allen Städten und Regionen Südafrikas. 2014/15 nochmals und jetzt. Willkommen im dunklen Südafrika.
„Load Shedding“ nennt das Südafrikas staatseigener Strom-Monopolist Eskom in der Orwellschen Gutsprache. „Shedding“ bedeutet in Deutsch: entlasten. Blödsinn! Wir werden belastet. Und zwar mit einer gewaltigen Krise, die hausgemacht ist. Südafrika geht der Strom aus weil die ANC Regierung 24 Jahre pennte und bei Eskom inkompetente und überbezahlten Kretins in der Nase bohren. Übrigens: In Südafrika wird hauptsächlich Kohle zu Strom verbrannt.
Nelson Mandela, Südafrikas erster Folklore – Präsident nach der Apartheid hat das nicht erkannt. Sein Nachfolger, Thabo Mbeki, der lieber seinen englischen Lebensstil pflegte, hat die Energiekrise vernachlässigt. Die 10 Jahre danach gehörten dem inzwischen geschassten Präsidenten Jacob Zuma, dessen Preferenzen vorwiegend im häufig wechselnden Geschlechtsverkehr lagen sowie der korrupten Ausbeutung von Staatsunternehmen. Mit Hilfe der berüchtigten indischen Gupta Familie. Das ist ist alles öffentlich, dank des investigativen Journalismus der südafrikanischen Medien.
Die frühen Warnungen wurden ignoriert. 1994, Nach Ende der Apartheid war absehbar, dass mit florierender Wirtschaft, wachsender Bevölkerung, Neubauten und jährlich zunehmenden Touristenströmen der Bedarf an Elektrizität steigen wird, alternative Energiequellen genutzt werden müssen.
Nach dem Disaster 2008 boten Skandinavische und Deutsche Unternehmen Windkraft an, die Israelis Solarenergie und Photovoltaik. Sie alle blieben damals ante portas – vor der Pforte.
Stattdessen wurden weitere Kohlemeiler gebaut. Wie stets bei allen öffentlichen Ausschreibungen in Südafrika korrumpiert und mangelhaft gebaut.
Die Kohlekraftwerke brauchen mehr Wartung als sie Strom erzeugen. Obendrein ist die Kohle von schlecher Quailität, dank der korrupten Auschreibungen und damit langfristigen Verträge des mittlerweile aussortieren Jacob Zuma.
Südafrika hat nicht nur ernste Probleme mit Strom, auch mit der Wasserversorung. Klima und Wetter ändern mit den Zeiten. Südafrika hat Wasserbeschränkungen eingeführt. Touristen haben gelernt, das Swimmingpools trocken sind, Badewannen nicht mehr benutzt werden dürfen, der Wasserverbrauch in Hotels und Gästehäusern eingeschränkt ist, ebenso in privatem Eigentum sowie in Mietwohnungen.
Auch hier hat die ANC Regierung geschlampt Die überalterten Wasserleitungen in vielen Städten, Gemeinden und Regionen haben Lecks, Wasseraufbereitungsanlagen verrotten, da nicht ordentlich gewartet. Hinzu kommt in Südafrika die Arroganz der Reichen in den teuren Staddteilen sowie die Ignoranz der Armen in den Townships. Erstere meinen, ich zahle die teuren Gebühren also nutze ich das Wasser. Die Armen sagen, die Regierung garantiert uns kostenloses Wasser, also lassen sie es fließen. Bigotterie auf Südafrikanisch.
Dafür geschieht jetzt umso mehr und zwar schnell. Südafrikas Diamanten- und Edelmetallmienen entlassen Arbeiter, Raffinerien stoppen die Treibstoffproduktion, Industrie, Handel und Gewerbe sind lahm gelegt. Die Folge: Investoren ziehen sich zurück, ausländische Hausbesitzer verkaufen ihre Immobilien. Der Tourismus, Hotel und Gastronomie haben Einbußen. Die täglichen Verluste für das Land gehen in zweistellige Milliardenbeträge. Nicht Rand sondern in Euro. Das irritiert selbst professionelle Optimisten.
Immerhin, die Stromausfälle haben auch ein Gutes. Die Kerzendreher in den Seniorenheimen und Behindertenwerkstätten machen Überstunden. Campingausrüster verscherbeln Gaskocher, Taschenlampen und Dieselgeneratoren wie Fish & Chips. Das Personal in Supermärkten und Restaurants holt nach, was in der Schule versäumt wurde. Kopfrechnen vor toten elektronischen Kassen. Rührend, wenn man bedenkt, dass in Südafrika fast die Hälfte der Abiturienten durchfallen.
Vor der Energiekrise gab es bereits die Ausbildungskrise an öffentlichen Schulen und Universitäten. Lehrer, die ebenso wenig Ahnung haben wie ihre Schüler. Keine Lehrmittel in abbruchreifen Schulen aber Klassen in Kompaniestärke. Die Wirtschaft wartet vergeblich auf qualifizierte einheimische Arbeitskräfte.
Eskom rekrutierte in 2008 während der erste Krise ehemalige Ingenieure. Pensioniert oder wegen mangelnder Pigmentierung abgefunden. Mit Respekt lasen wir damals in der Zeitung, dass einer der Reservisten bereits in den 80ern war.
Mit der gleichen Strategie erledigte Eskom in 2008 auch die Krise im einzigen Strom – Atommeiler Südafrikas, Koeberg in Kapstadt. Ein Bolzen, der dort niemals hingehört hat, legte eine der beiden Turbinen lahm. Die andere war wegen Wartung abgeschaltet. Bis eine neue Turbine nach Wochen vom Hersteller aus Frankreich verschifft wurde, erlebte Kapstadt eine Finsternis nach der anderen.
Zum Einbau der Turbine wurden erfahrene Ingenieure zu hoch dotierten Honoraren aus dem Ruhestand geholt. Die alte Garde lachte sich ´nen Ast. Zur Rente oder Abfindung gab es zusätzliche Taler. In der Zeitung stand, der Manager des Atomkraftwerkes habe einen Doktortitel. Allerdings in Literatur, nicht in Physik. Aber natürlich die politisch korrekte Pigmentierung. Strahlende Aussichten!
Pardon, die nächste Verdunkelung ist soeben zwangsverordnet worden.
Ich habe aber noch meine alte Adler Schreibmaschine. Es ist ohnehin alles gesagt. Und ich muss an den Grill. Es gibt heute Abend coq au profiterole, Huhn im Windbeutel…
Verfinstert, dennoch herzlich grüsst Sie
Ihr Ludger Pooth