Wednesday, November 29, 2023
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Südafrika entgeht vorerst einer tieferen Krise

Der Text beleuchtet Hintergründe und Ergebnisse des ANC-Parteitags Mitte Dezember sowie die agierenden Personen: Dort wurde der Reformer Cyril Ramaphosa an die Spitze des ANC gewählt. Ramaphosa steht vor gewaltigen Herausforderungen. Wenn er Präsident werden sollte: Wird es ihm gelingen, Südafrika wirtschaftlich wieder flott zu machen? Wird er es schaffen, das tief gespaltene Land zu einen?

Hanns Seidel Stiftung – Der ANC-Parteitag Mitte Dezember hat den Reformer Cyril Ramaphosa an die Spitze der Regierungspartei gewählt – viele Südafrikaner atmeten spürbar auf. Der derzeitige Vizepräsident des Landes genießt auch bei Wirtschaftsexperten großes Ansehen. Nun wird zunächst vor allem der Umgang des ANC mit Präsident Jacob Zuma im Zentrum des öffentlichen Interesses stehen und die Frage, ob mögliche Straftaten im Amt auch Konsequenzen nach sich ziehen werden. Der ANC-Parteitag hat hierzu keine direkte personelle Entscheidung getroffen. Aber Signale gesetzt, die ein vorzeitiges Ende der Präsidentschaft von Zuma erwarten lassen.
Es wird jedoch Zeit brauchen, bis sich Südafrika von den verlorenen Zuma-Jahren erholt, die mafiösen Verbindungen zwischen Politik und ausgewählten Wirtschaftseliten trockengelegt und Vertrauen in Bevölkerung und Weltgemeinschaft zurückgewonnen hat. Hinzu kommt, dass Südafrika mit einer Armutsquote von über 55% und der größten sozialen Ungleichheit in der Welt dringend Wege finden muss, inklusives Wachstum anzukurbeln und die Vision eines geeinten, demokratischen Landes wiederzubeleben.
Paradoxerweise wird Ramaphosas Sieg es der Opposition schwerer machen, im Wahlkampf gegen den ANC Boden zu gewinnen, obwohl sie seit Jahren Zumas Rücktritt gefordert hatte. Und das umso mehr, wenn Zumas Präsidentschaft bald beendet wird. Voraussichtlich wird Südafrika auch nach den Präsidentschaftswahlen 2019 weiter vom ANC regiert.

Der ANC-Parteitag: Zwischen Hoffen und Bangen

Monatelang fieberten die Südafrikaner der Entscheidung entgegen. Einer Entscheidung, die als historisch für die Zukunft des Landes bezeichnet wurde. Vom 16. bis 20. Dezember fand dann der 54. Parteitag des African National Congress (ANC), der seit über 23 Jahren regierenden und mit dem Befreiungskampf verbundenen Partei, statt. Das enorme Interesse der Bevölkerung und der internationalen Gemeinschaft an diesem Parteitag erklärt sich aus der Wahl eines neuen Parteivorsitzenden, der mit großer Wahrscheinlichkeit spätestens ab 2019 als Präsident die Politik des Landes prägen wird. Und einem harten Wahlkampf zwischen zwei tief gespaltenen parteiinternen Lagern aus Traditionalisten und Reformern. Außerdem bestand die Möglichkeit, dass die ANC-Delegierten den südafrikanischen Präsidenten Zuma aufgrund zahlreicher ausgesetzter Strafverfahren mit über 700 Anklagepunkten, die gegen ihn anhängig sind, und der wirtschaftlichen Abwärtsspirale, in der sich das Land seit vielen Jahren befindet, abberufen hätten können.
Cyril Ramaphosa, Vizepräsident von Südafrika, holte eine knappe Mehrheit von 51.9% der Stimmen. Damit gewann zwar der Kandidat, der für wirtschaftspolitische Reformen und Rechtsstaatlichkeit steht und dem Lager der Reformer innerhalb des ANC zugeordnet werden kann. Der neue Parteivorsitzende steht jedoch bereits am Anfang seiner Amtszeit vor einem Dilemma: Beim Führungspersonal der Partei haben sich an entscheidenden Stellen Personen durchsetzen können, die sich im Wahlkampf gegen die von Ramaphosa vertretene wirtschaftsfreundliche und inklusive Politik positionierten und als Unterstützer von Präsident Zuma gelten. Dazu zählt beispielsweise Ace Magashule, Ministerpräsident der Provinz Free State, der zum mächtigen Generalsekretär gewählt wurde. Auch bei der Wahl des einflussreichen 86-köpfigen ANC-Präsidiums (National Executive Committee) wurde die weiterhin bestehende tiefe Spaltung des ANC offensichtlich.
Die Konstellation aus Unterstützern und Gegnern des neuen Parteivorsitzenden in den einflussreichen ANC-Gremien birgt auch das Risiko, dass sich Ramaphosa im Zuge der anstehenden Wahlen 2019 vor allem um die Rückendeckung in der eigenen Partei und die Wiederwahl des ANC bemühen muss − Zugeständnisse an seine Kritiker, die nicht zwangsläufig gut für die Entwicklung des Landes sind, können nicht ausgeschlossen werden.
Dem Parteitag vorausgegangen waren langwierige Wahlen der etwa 5.000 ANC-Delegierten in den neun Provinzen Südafrikas in den letzten Monaten, wo sich ein nie dagewesener Machtkampf zwischen den beiden Lagern bereits abzeichnete. Von ANC-Mitgliedern angestrengte Gerichtsverfahren hatten nur wenige Tage vor dem Kongress einige der Vorwahlen für manipuliert und ungültig erklärt, so dass der Akkreditierungsprozess beim Parteitag dementsprechend über 200 der dort Anwesenden das Wahlrecht entzog und es schließlich 4.776 Stimmberechtigte gab. Manche Beobachter prognostizierten die Spaltung des ANC, der von Korruptionsskandalen und der Aufdeckung nepotistischer Strukturen erschüttert wird.


Mehr: Hanns Seidel Stiftung

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