Am Ziel – Namibia und Südafrika – Peter und Ulla Wulf starten mit ihrem alten Bundeswehr-MAN, einem zum Wohnmobil ausgebauten 13 Tonnen schweren Lastwagen, im Jahre 1985 in Hamburg. Ihr Ziel ist das Kap der Guten Hoffnung. Ihr Begleiter: der Kater Niger, schnurrig, mutig und verfressen.
Ursula Wulf – Nach vielen schönen Wochen am Malawi-See fällt es uns schwer, aufzubrechen, aber wir haben ja ein Ziel. Und, was für ein Luxus, innerhalb eines ganzen Jahres einen einzigen wirklich wichtigen Termin: eine ganz besondere Verabredung mit einem ganz besonderen Menschen in Windhuk. Doch dazu später mehr.
Wir verlassen Malawi, durchqueren Sambia in kürzester Zeit und treffen nach insgesamt 22 sambischen Kontrollen in dem kleinen Ort Victoria Falls in Zimbabwe ein. Bis zu unserem Ziel, dem Kap der Guten Hoffnung, wird es noch einige Zeit dauern und wir schlagen jetzt im Buch einfach mal hier und da eine Seite auf.
Wir stehen staunend vor den Victoria-Fällen, deren Gischt schon aus 30 km Entfernung zu sehen war. Die Großartigkeit verschlägt uns die Sprache. Auf einer Breite von fast zwei Kilometern stürzen die gewaltigen Wassermassen des Sambesi mit Donnergetöse 90 Meter tief in eine enge Schlucht. Da ständig Wasser hochgewirbelt wird und auf dieser Seite herunterregnet, ist ein üppig grüner Regenwald entstanden. In den Gischtwolken schimmern zwei Regenbogen; tief unten brodelt und schäumt der Fluss. Wir genießen den fantastischen Anblick lange Zeit.
(15 Jahre später. Peter und ich sind wieder hier. Inzwischen gibt es ein Stück vor den Fällen einen Kontrollposten, an dem Eintritt zu zahlen ist. Der freundliche Kassierer fragt woher, wohin und ich erzähle ihm, dass wir vor 15 Jahren schon einmal hier waren und jetzt gern mal gucken würden, ob die Victoria-Fälle noch da sind. Er versteht den Spaß, guckt schlagartig sehr sorgenvoll aus der Wäsche und gibt zu bedenken: „Yes, Madam, die Fälle sind noch da. Aber sie müssen aufpassen: die kommen jetzt von der anderen Seite!“)
Das elende Grenz-Theater an der Botswana-Grenze wird hier übersprungen. Weshalb die geldgierigen Zöllner letztendlich heilfroh waren, uns wieder loszuwerden, ist im Buch nachzulesen.
Botswana: Chobe-Wildreservat
Am Eingang zum Chobe-Nationalpark zahlten wir 80 Mark für eine Woche Aufenthalt. Abends konnten wir uns in den Wildniscamps dorthin stellen, wo es uns gefiel. Seufz, das waren noch Zeiten…
Wie es sich für einen Naturpark gehört, fahren wir auf Naturstraße von zweifelhafter Qualität. Der MAN bockt und hopst wie eine alte Tibet-Ziege. Nachdem wir den Luftdruck in den Reifen gesenkt haben, fährt er etwas komfortabler.
Plötzlich wissen wir nicht mehr, wohin wir zuerst sehen sollen: links im Busch stehen Elefanten, rechts balgen sich Paviane. Etwas entfernt von den Elefanten äsen wunderschöne große Antilopen mit langen, gedrehten Hörnern: Kudus.
Unten am Fluss liegt ein Grüppchen dicker Flusspferde in der prallen Sonne, dann fahren wir wieder durch Herden von ca. 40 Elefanten. Einige Jungtiere drohen uns und machen ohrenwedelnde Scheinangriffe – aber nur so lange, bis sie merken, dass wir nicht wegfahren und dass wir auch ziemlich groß sind. Da wollen sie doch lieber nichts riskieren und drehen ab. Den Abend und die Nacht verbringen wir in einem Camp (Wasserhähne, ein einfaches Duschhaus und sonst nur freie Wildnis) am Chobe-Fluss. Peter geht die Böschung herunter und erschreckt eine dicke Schlange, die fluchtartig ins Wasser gleitet.
Die Sonne geht traumhaft schön unter und spiegelt sich im Wasser. Die Elefanten weit weg ziehen durch eine rosa Staubwolke, die rote Sonne versinkt im Dunst.
Peter wacht nachts um 12 auf und sieht Tiere um das Auto herum grasen. Im Schein der Taschenlampe leuchten viele Augenpaare auf, ansonsten lassen sich die großen Kudus nicht stören.
Pünktlich zum Sonnenaufgang sind die Paviane da. Ein besonders frecher turnt polternd auf unserem Dach herum; der Kater springt aus dem Tiefschlaf einen Meter in die Luft und bekommt fast einen Nervenzusammenbruch. Da die Sonne genauso schön aufgeht, wie sie gestern untergegangen ist, fotografiere ich draußen wieder. Niger kommt mit.
Ein Pavian tobt an mir vorbei und jagt den Kater. Niger rast die Leiter hoch mit einem Schwanz wie eine Flaschenbürste, und der Affe springt auf die Motorhaube des MAN. Ich hebe einen dicken Stein hoch und drohe, aber das macht ihm keinen Eindruck. Da ich den Stein ja in Wirklichkeit gar nicht werfen will (bei meinem Talent könnte es uns die Frontscheibe kosten!), fange ich an, wie ein Fischweib zu pöbeln. Entsetzt rennt der Affe davon.
Kurz nach dem Aufbruch sehen wir drei Autos an einer kleinen Nebenpiste stehen. Das muss ja einen ganz bestimmten Grund haben – genau! Der Grund liegt im Schatten und will seine Ruhe: zwei ausgewachsene wunderschöne Löwenmännchen mit Bernsteinaugen. Wir stellen uns ein Stück neben sie und veranstalten eine Foto-Orgie. Wenn ihnen alles so gleichgültig wäre! Etwas lästig sind sie schon, die Touristen, aber – uuuaaahh – man ist so müde, so vollgefressen…
Über Johannesburg und Kimberley, Augrabies Falls und durch das blühende Namaqualand geht die Fahrt weiter nach Windhoek.
Eigentlich heißt es ja, die Traumstraße der Welt läge in Amerika – die Verbindung zwischen Augrabies und Springbok, ist in dieser Jahreszeit aber auch eine Traumstraße! Der Traum besteht aus Millionen Blumen. Kilometerlang ist die Straße leuchtend gelb gesäumt. Namaqua-Gänseblümchen wachsen in dicken Büscheln aus Felsspalten, aus dem Schotter neben der Straße, auf herangewehtem Wüstensand. Das ganze Land ist bis zum Horizont gelb-weiß-lachs und orange getupft. Die Natur ist verschwenderisch gewesen; so viele Blumen auf einmal haben wir noch nie gesehen.
Windhuk 1986 erlebten wir so:
Windhuk ist eine gepflegte, ruhige Stadt mit deutscher Tradition an allen Ecken und Enden. Früher hieß Namibia “Deutsch-Südwest” und war eine deutsche Kolonie. Gut zu spüren, als wir einmal in einem Restaurant essen wollten: auf den Stufen wartete der Kellner, ein Afrikaner in rotem Anzug, auf Gäste. Er strahlte uns an und fragte in bestem Deutsch: „Hallo ihr zwei, wollt ihr was zu Essen oder was?“ Nach dieser netten Ansprache schmeckte uns das Essen gleich nochmal so gut!
Wir übernachten mitten in der Stadt auf dem großen Parkplatz neben der Kaiserstraße. Niemand hat etwas dagegen, keiner stört uns. Niger, der hier weder Busch noch Baum vorfindet, weiß sich zu helfen: er verschwindet in der Kanalisation und haut sich dort mit den Windhuker Katzen. Leicht lädiert (mit einem Veilchen und einen Pflaster auf der Nase), aber offensichtlich zufrieden, kräht er dann mitten in der Nacht vor dem MAN herum, damit wir ihm die Tür öffnen.
Und jetzt zu unserem äußerst wichtigen Termin:
Es ist der 28. August. Heute kommt meine Mutter mit dem Flugzeug aus Deutschland, um ein paar Wochen mit uns im MAN durch Südafrika und Namibia zu reisen.
Eine endlose Stunde im Wartesaal, dann kommt sie endlich beschwingten Schrittes durch die Sperre. Sie strahlt uns an und schwenkt ihr Handgepäck, als würde sie ständig Tausende von Kilometern durch die Welt fliegen. Den ersten Flug ihres Lebens (mit 69 Jahren) hat sie bestens überstanden und schwärmt uns von ihrem Sitznachbarn vor: „Das war so ein netter junger Mann, ein Zahnarzt. Dem hab ich aber erstmal was erzählt, was ich für einen tollen Schwiegersohn hab und wo ich jetzt hinfliege und dass das mein erster Flug ist. Fand er auch alles sehr interessant. Schade, die letzten Stunden war er wohl müde und hat fest geschlafen. Und ich hätte ihm noch so viel zu erzählen gehabt…“ Peter und ich schmunzeln über den tiefen Schlaf des armen Zahnarztes und haben vollstes Verständnis.
Wir verbringen gemeinsam wunderschöne acht Wochen in Namibia. Bewundern die Sanddünen in der Namib zwischen (Originalton 1986) „der Kleinstadt Walfishbay“ und „dem Städtchen Swakopmund“.
…fahren zu den Robben am Kreuzkap…
…nach Etosha…
Meine Mutter und ich fliegen zwischendurch für einige Tage an die Victoria-Fälle, wo wir die Erkenntnis gewinnen, was genau es mit dem dortigen „Fumba“ auf sich hat (Buch Seite 333).
…landen wieder in Windhuk, besuchen das Sossusvlei, den Fish River Canyon und den Kalahari Gemsbok Park…
… wo kurze Zeit der Haussegen schief hing, weil Peter bis
auf wenige Zentimeter an den Abgrund herangefahren ist…
Mehr demnächst auf Kap Express: „Die Zugabe: Unser Ziel Kapstadt“
Peter und Ulla
Heute leben wir (KFZ-Meister i.R. und Heilpraktikerin) in einem Dorf in der Nähe von Mölln, fahren immer noch gern nach Afrika und sind ansonsten in einem Wohnmobil nach unserem Geschmack unterwegs.
Lesen sie die ganze Story: Immer wieder Afrika, Autorin: Ursula Wulf, ISBN: 978 383 910 4750