Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit, dass jemand auf die Idee kommen musste, einen Biertempel in Kapstadt zu errichten. Denn im Weinland am Kap der Guten Hoffnung ist eine eigene Bierkultur entstanden. Jetzt steht der Tempel mitten in der Stadt. Nur, es war keiner aus der Gastronomie der ein Haus der Biere eröffnete sondern ein junger Deutscher: Randolf Jorberg, Deutschlands größter i-phone Verkäufer.
Von Ludger Pooth – „Beerhouse“ hat der Entrepreneur sein neues Lokal an der Long Street, der Partymeile Kapstadts schlicht genannt. Treffend doch untertrieben. Denn es ist wahrhaftig ein Biertempel für die Gemeinde der Bierjünger. 16 verschiedene Sorten fließen aus den Zapfhähnen, in den Kühlräumen lagern Flaschen von 99 Bieren aus der ganzen Welt. „Die Fassbiere sind alle von unabhängigen privaten Brauerei in Südafrika“, sagt Randolf Jorberg. „Und auch bei den internationalen Bieren sind die meisten aus Spezialbrauereien.“
Die Bierjünger verharren vor Andacht: Lager, Porter, Pils, Ale, Stout, Weizen. Es ist alles da. Auch Raritäten aus Deutschland, wie zum Beispiel aus einer kleinen Potsdamer Brauerei ein Bio Weizenbier in der klassischen Halbliter Bügelflasche.
Novizen im Biertempel sind zunächst irritiert wenn das Personal ihnen „the Menu“, zu Deutsch die Speisekarte anbietet. Spitzbübische Ironie. Die Karte liest sich wie ein Weinführer. Alle Biere sind beschrieben. Herkunft, Art, Geschmacksnoten. Dennoch, kein Bierfreund muß hungern. Auf der Karte stehen immerhin sechs schmackhafte Gerichte des belgischen Küchenchefs Jean Vermeiren.
Der Vorsteher des Tempels, der Manager des „Beerhouse“ ist der Südafrikaner Murray Slater. Er ist ein Fußsoldat in der Revolution der freien, frischen und feinen Biere gegen die Massenschwemmen. Journalismus hat er gelernt aber nie praktiziert. Stattdessen eine prominente Kneipe in London eröffnet und acht Jahre geführt an der er heute noch beteiligt ist. Murray genießt wegen seiner feuchtfröhlichen Kneipenerfahrung den Ruf eines Bierflüsterers.
Die Einrichtung des „Beerhouse“ ist einfach aber stilvoll und themenbezogen. Holztische und Bänke im Schankraum und auf dem viktorianischen Balkon. An den Wänden das deutsche Wort Prost in allen Sprachen der Welt. Kandelaber aus Bierflaschen in bunten Farben. Ein ordentlicher Tresen mit Regalen aller 99 internationalen Flaschenbiere. Die Preise stehen daneben in Kreide auf Tafeln. Denn die können sich ändern, je nach Wechselkurs zum südafrikanischen Rand. Noch ist der Biertempel von Importfirmen abhängig. Doch das wird sich bald ändern. Der eigene Import ist in Planung.
Seit der Eröffnung am 2. August 2013 beobachten die Priester im Biertempel aufmerksam den Konsum und den Geschmack der Bierjünger. Wer bevorzugt welches Bier? „Am Ende dieser Woche waren ein spanisches und ein holländisches Bier ausverkauft“, berichtet Randolf. „Wir werden stets auf Lager haben, was getrunken wird.“
Randolf Jorberg nippt an einem dunklen Weizenbier aus einer neuen Brauerei in Paarl, eine Stadt die eher als Weinregion in Südafrika bekannt ist. Die meiste Zeit seines jungen Lebens verbrachte er am Computer. Erst wurde er Deutschlands Hacker-König, dann der größte i-phone Verkäufer. Nach mehreren Urlauben in Südafrika zog Jorberg 2007 von Bochum nach Kapstadt. Seine Firmen in Deutschland hat er teuer verkauft. „Ich hatte immer schon den Traum einer eigenen Kneipe“, gesteht er. Am 12 April 2012 bei einem Aufenthalt in Heidelberg traf er die Entscheidung zur Gründung des “Beerhouse“. „Es war im Wortsinne eine Schnapsidee“, bemerkt er trocken und grinst.
Wohl nicht nur eine Schnapsidee. Denn der smarte Entrepreneur liegt im weltweiten Trend. Überall entstehen unabhängige private Brauereien die feine Biere der guten alten Art ohne Zusatzstoffe brauen. Wahre Bierkenner wenden sich ab von den Monopolmarken. „Mal ehrlich“, sagt Randolf und fragt spitz: „Wer kann mit verbunden Augen bei einer Bierprobe aus acht verschiedenen Pils die Brauerei bestimmen?“ Der neue Kneipenbesitzer ist sicher, es gibt keine wesentlichen Unterschiede bei den einzelnen Biersorten aus Großbrauereien.
„Biere die man mag bleiben in Erinnerung“, sinniert Randolf. „Jedes getrunkene Bier hat eine Geschichte. Bier kann eine Weltreise sein.“ Der umtriebige Unternehmer stammt aus Bochum im Ruhrgebiet. Dort wird Bier getrunken. Aber nicht sein Lieblingsbier aus Hamburg, dessen Etikett im Norden Deutschlands eher mit den Trinkgewohnheiten von Hafenarbeitern, Seeleuten und Raubeinen auf dem Kiez verbunden ist. Randolf Jorberg lächelt verschämt. „Mit diesem Bier verbinde ich jedoch eine Menge fröhlicher Erlebnisse und ich vermisse es in Kapstadt.“
Über Geschmack soll man nicht streiten. Also höre, Hohepriester des Biertempels. Importiere gefälligst Dein Lieblingsgebräu. Denn auch Kapstadt hat einen Hafen, Seeleute und einen Kiez. Prost!