Am 27. Februar 2013 war es wieder soweit, der südafrikanische Finanzminister hielt seine mit Spannung erwartete jährliche Haushaltsrede, die vierte seit Beginn der Zuma Regentschaft.
Gepaart mit einigen wenigen humoristischen Ansätzen – nur ein Trevor konnte anwesende Parlamentarier vom unverdienten Tiefschlaf abhalten – aber ohne vergeigte Ausflüge in andere Landessprachen, präsentierte Pravin Gordhan den überwiegend wachen Abgeordneten und Ministerkollegen einen konservativen, ja teilweise sogar optimistischen Haushalt 2013/2014.
Der gut eine Billion Rand große Haushalt war um die Eckpfeiler der jüngsten Rede zur Lage der Nation gestrickt und – viel bedeutender – nahm den im vergangenen Jahr veröffentlichten National Development Plan 2030, aus der Feder des nimmer-müden Trevor Manuel, als Ausgangspunkt einer Fiskalreise mit vielen „wenn“ und „aber“. Der Löwenanteil des Haushalts geht weiterhin in die Voraussetzungen eines gesunden Wirtschaftswachstums und damit in die Infrastruktur des Landes. Gordhan nahm hier – ungewöhnlich – die Riege der begünstigten Ministerkollegen in die Pflicht, das Geld auch bitte, bitte auszugehen. Weitere Erhöhungen von Zuwendungen rangierten von Gesundheit bis Öffentliche Aufgaben, von Gefängnissen bis Schulen und auch vom „Quadratkilometer Observatorium“ zu annähernd 600 Millionen Rand für die Umstellung von analogem auf Digitalfernsehen. Eine freudig erregte Innenministerin erhielt ihre finanzielle Unterstützung zur Verbesserung der elektronischen Verarbeitung von Dokumenten und Anträgen und eine ungewöhnlich schüchterne und oft gescholtene Lindiwe Sisulu sah annähernd glücklich aus, als ihr Haushalt zur Verbesserung der staatlichen Verwaltung verlesen wurde.
Gordhan lobte den immer noch kleinen Prozentsatz der steuerpflichtigen Bürger, der artig seinen „Zehnten“ beim Fiskus abgab, und unterstrich nochmals das „Selbstanzeigeprogramm“ vom Oktober 2012, das den bisherigen Steuerhinterziehern den straffreien Weg in die Steuerehrlichkeit ermöglicht. Aber auf das Lob folgten prompt Tadel, Warnungen und offenen Schelte. Nachdem das Thema der Korruption bei der Vergabe öffentlicher Aufträge schnell in einer Lehrstunde über die Verantwortung der Ausgaben im Namen der (wenigen) Steuerzahler überging, kam das Versprechen, dass das Finanzministerium nun rigoros gegen verschachtelte Stiftungsstrukturen und Auslandsgesellschaften zum reinen Zweck der Steuerhinterziehung vorgehen wird. Zum Abschluss der Stunde der Abrechnung kam – mit einiger Überraschung aber auch satter Genugtuung – die Stunde der Wahrheit für die Paten des wirtschaftlichen Stillstandes: die Banken! In nie dagewesener Härte und Deutlichkeit wurde die restriktive Geldverleihpolitik zum Nachteil von Investitionen und Wachstum angeprangert als auch das einem Absprachekartell ähnliche Verhalten bei Gebühren und im Umgang mit Darlehensschuldnern. Er kündigte an, dass eine eigene Untersuchungskommission die Verantwortlichen identifizieren und zur Verantwortung ziehen wird und dass das bisherige Verhalten nicht länger toleriert werden wird. Herzlichen Glückwunsch, Herr Minister, es war aber auch wirklich Zeit!
Gut 7 Milliarden Rand gehen direkt in die seit fast zwanzig Jahren jährliche Reduzierung der Steuern auf private Einkommen und in die erleichterte Besteuerung von Kleinstunternehmen. Auch wenn er nicht mit dem „Steuerweihnachtsmann“ Trevor verglichen werden wollte, wurden dennoch deutliche, überwiegend über der Inflationsrate von derzeit 5,4% liegende, Erhöhungen des Kindergeldes, der staatlichen Renten und der Sozialhilfe angekündigt. Ein weiterer deutlicher Anteil des Haushalts geht direkt in die Töpfe verschiedenster staatlicher Subventionsprogramme, wie dem Green Fund, dem Enterprise Investment Programme und dem Wettbewerbs-Verbesserungsprogramm für Hersteller und Produzenten, dem MCEP. Schließlich werden nun erstmalig – hallo Democratic Alliance – Mittel für ein geteiltes Programm bereitgestellt, dass es Staat und Privatwirtschaft ermöglicht, vergünstigt Arbeits- und Ausbildungsplätze für die jährlich ca. 1 Million Jugendlichen anzubieten, die auf den Arbeitsmarkt drängen, bzw. von diesem gerne aufgenommen werden wollen. In einem weiteren Schritt der Vereinfachung von Verwaltungsaufgaben und Anträgen an die Verwaltung soll in Zukunft der Papierkrieg bei der Anmeldung egal welcher Steuerart abgeschafft werden und die Anmeldung für ALLE (!) Steuerarten auf einem einzigen Formblatt möglich sein. Lange überfällig, sagen wir!
Aber wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten! Der Haushalt muss – wie man es in den vergangenen Jahren in Europa so schmerzlich erfahren musste – auch finanziert werden. Während Steuermehreinnahmen, Auflösung von Reserven und eine moderate Neuverschuldung (die Gesamtverschuldung liegt bisher noch weit unter 40% des Bruttosozialprodukts) die Basis für die Finanzierung darstellen, sind es die Liebhaber fermentierter Traubensäfte, Destillaten und uniformer Papierhülsen gefüllt mit getrockneten Blätter geeigneter Pflanzen, die erneut unter der Überschrift der „Sündensteuern“ zwischen 5% und 10% mehr Genussabgaben an den Fiskus entrichten müssen. Die Kohlenstoffsteuer in 2015 wird ebenfalls den Tabakgenuss verteuern und die Erhöhung der Benzinabgaben um 23 Cent zur Finanzierung gieriger Ölscheichs und des Fonds zur Absicherung von Opfern nicht versicherter Geisterfahrer trägt jährlich zum Schmerz geplagter Motoristen bei. Bei dieser Gelegenheit werden übrigens auch die internationalen – web-basierten – Verkäufer von Musik und Videos der hiesigen Umsatzsteuer unterworfen.
Die Oppositionsparteien verließen den Plenarsaal des Kap-Parlaments mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen. Während die „Zille-Partei“ nun endlich eine offene Tür für ihr Jugendarbeits-Förderungsprogramm gefunden hat, war die ACDP (nicht zu verwechseln mit der ähnlich klingenden Rockband) sehr zufrieden mit dem konservativen Ansatz des Haushalts. Die einzigen Besorgnisse belieben – speziell im Licht der vernichtenden Folgen in Europa – hinsichtlich der Neuverschuldung sowie hinsichtlich des Außenhandelsdefizits. Diese bedürfen weiterhin genauester Beobachtung und Gegensteuerung wo notwendig, keine einfache Aufgabe.
Der Haushalt 2013 wurde gut präsentiert, mit Augenmaß und Verantwortung, und lässt uns mit den Köpfen nicken sowie einem abschließenden Kommentar von Pieter Mulder der Freedom Front Plus Partei:
„Lasst uns dafür dankbar sein, dass es einen Plan gibt, aber der Lackmus-Test liegt in der Implementierung!“
Ralph M Ertner, INTO SA