Südafrika ist einmal wieder in der Krise.
Die Achterbahn der Gefühle kennt kein Ende und Investoren wie auch lokalen Unternehmern sind die Fragezeichen erneut ins Gesicht geschrieben. Die Bilder der streikenden Minen- und Transportarbeiter gleichen eher Dokumentationen von Kriegsberichterstattern und in den Chefetagen der Politik sieht die Ausschreibungslandschaft dringend benötigter Infrastrukturprojekte nach wie vor aus wie ein Selbstbedienungsladen. Ignoranz, Inkompetenz und Vetternwirtschaft dominieren die Presse, sicher kein schönes Bild, gerade in einer Zeit, in der Südafrika wirtschaftlich aufgrund der betrüblichen Lage seiner Handelspartner so verwundbar ist wie schon lange nicht mehr. Die Konsequenz ist spürbar: der Rand fällt in – das hierzulande nicht ganz unbekannte – schwarze Loch und die Bewertungsgurus aus Übersee sind bereits mit dem roten Stift und der Herabsetzung der Kreditwürdigkeit Südafrikas. Selbst Clem Sunter reduzierte in seinem letzten Vortrag die Chancen für eine echte Demokratie Südafrikas auf nur noch 50% gegenüber einer gestörten Machtausbeutung der weiterhin übermächtigen Mehrheitspartei.
Die Demokratie in Südafrika wurde gewaltlos und mit großer Hoffnung eingeläutet, aber seitdem sich der umgekehrte Rassismus wie ein roter Faden durch die Politik der Führungspartei zieht, kann ein politischer Wechsel genauso wenig wie eine Mehrparteiendemokratie an den Wahlurnen erreicht werden, SED, ick hör Dir trapsen! Die Gewerkschaften sind moderne Geiselnehmer der Wirtschaft und haben sich in den Schaltstellen der machtmisbrauchenden politischen Führung eingenistet wie ein Tumor, gemeinsam sind sie unschlagbar und verschließen gerne die Augen vor dem Problemberg, der nicht erst bei der überwältigenden Jugendarbeitslosigkeit aufhört.
Südafrika ist vielleicht angeschlagen, aber die Lage ist nicht hoffnungslos und durchaus nicht ohne Chancen, hört man der Landesfürstin des Westkaps, Helen Zille, bei der letzten Veranstaltung der Schweizer Handelskammer in Johannesburg zu. Der ANC wird es nicht schaffen, seine Klauen in alle Ebenen staatlicher Einflussnahme zu graben. Die Presse ist frei, das Verfassungsgericht unabhängig und hat deutlich gezeigt, wie versuchte Einflussnahmen auf Strafverfolgungsbehörden und andere wichtige staatliche Institutionen auf die Kniescheiben „ganz oben“ gehen können. Der ANC wird implodieren, aber nicht schnell und über Nacht, aber graduell. Die Parteienstruktur ist brüchig und zerreißt von innen.
Während der ANC sich an seiner eigenen Unregierbarkeit verschluckt arbeiten positive Kräfte wie Trevor Manuel am National Development Plan oder die Democratic Alliance an dem fast identischen 8%-Growth-Plan sowie den Plänen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Nicht über Nacht, aber langsam und stetig wird sich die diese Pläne unterstützende Basis verbreitern und für einen rassen-neutralen politischen Wechsel sorgen, von der Verfassung getragen und umgeben von einer wieder prosperierenden Wirtschaft. Die Wahlen 2014 werden die ersten deutlichen Signale setzen und vielleicht schon 2019 die Chance geben, die finale rote Karte denjenigen zu zeigen, die aus Gier und Machtgeilheit versucht haben, Südafrika zu ihrem persönlichen Jahrmarkt der Eitelkeiten verkommen zu lassen. Pierre Vergniaud sagte vor fast 250 Jahren: „Die Revolution frisst ihre eignen Kinder“. Wann? Bald, Südafrika! Sehr bald!!
Ralph M Ertner
Into SA